Interview mit den Hafenarbeitern in Surabaya, 1.4.99
F: Ihr habt im letzten Jahr ja verschiedene Streiks gemacht. Was ist dabei rausgekommen?
A: Wir haben im letzten Juni (s. Asien Aktuell 181) 3 Tage lang gestreikt und dann noch mal am 5.Oktober einen Tag lang. Als Ergebnis mussten zwei Chefs der Hafenarbeiterkooperative (die für die Organisation und die Verteilung der Arbeit zuständig ist, Anm. d.R.) wegen KKN (Korupsi, Kollusi, Nepotisme) abdanken, der Lohn ist gestiegen, die Arbeitsnorm wurde gesenkt und der Unfallversicherungsschutz wurde verbessert.
Seht ihr das als Erfolg ?
Ja, als Erfolg. Unser Lohn liegt weit ueber dem Mindenstlohn, inzwischen bei 10 100 Rp pro Schicht. Eine Schicht dauert acht Stunden, eingeschlossen eine Stunde Pause. Der Monatsverdienst ist 240 000 Rp.
Was haben die Aktivisten im Hafen jetzt vor?
Wir planen, eine Gewerkschaft der Hafenarbeiter von Tanjung Perak in Surabaya zu gründen.
Warum?
Um den Zusammenhalt und den Kampf im Hafen zu stärken, und um die Arbeiter zu gegenseitigem Beistand zu inspirieren.
Wieviele Kollegen unterstützen die Gewerkschaftsgründung?
Es gibt einen harten Kern von ca. 30 Aktivisten.
Und wieviele Mitglieder denkt ihr gewinnen zu können?
Wir sind da ganz optimistisch und denken, daß alle 5000 Hafenarbeiter Mitglied werden.
Welche Probleme gibt es im Hafen?
Das größte Problem ist immer noch die Hafenarbeiterkooperative. Wenn die neue Gewerkschaft aufgebaut ist, wollen wir, daß die dann die Arbeit verteilt.
(Das gibt es in vielen Häfen der Welt (z.B.in San Francisco, USA), daß die Gewerkschaft die Arbeit verteilt, Anm. d.R.)
Was für eine Art von Unterstützung wünscht ihr euch aus Deutschland, v.a. von den dortigen Hafenarbeitern?
Dringend wird Geld für die Schulbildung der Kinder gebraucht. Die Schule ist in Indonesien kostenpflichtig und wegen der monetären Krise können es sich viele Eltern nicht meht leisten, die Kinder in die Schule zu schicken. Bei den Hafenarbeitern von Tanjung Perak betrifft das ca.1000 Kinder.


Der Hafenarbeiterstreik in Surabaya, 5.10.98

Bildreportage

Die Arbeit im Hafen ist hart. Die Hitze von Surabaya ist selbst in Indonesien berüchtigt: bis 35 Grad im Schatten (den es unter der senkrecht stehenden Sonne nicht gibt) und bis zu 95 % Luftfeuchtigkeit.
Die Hafenarbeiter verdienen brutto 10100 Rupiah pro Schicht, das sind grade mal 1 Mark und 50 Pfennige - allein für den Tee, den sie während der Schicht trinken müssen, geht ein gut Teil des Lohnes drauf. Die Arbeiter sind Tagelöhner, die Arbeit wird verteilt von der Koperasi TKBM Pelabuhan Perak, in der sie zusammengeschlossen sind - und die sie wie viele Institutionen Indonesiens der KKN beschuldigen: Korupsi, Kolusi, Nepotisme.
Die Koperasi behält einen Teil des Lohnes ein: für Schutzkleidung, für die Unfallversicherung (nur Arztkosten der dritten Klasse), für Rente (die noch nie jemand gesehen hat) usw. Und mehr als drei Schichten pro Woche gibt es nicht. So kann ein Hafenarbeiter des zweitgrößten Hafens Indonesiens auf 200 000 Rp pro Monat kommen - damit zählt er sogar schon zu den besserverdienenden Arbeitern. Aber: eine vierköpfige Familie braucht allein fürs Essen ca 10000 Rp am Tag. Der Job im Hafen reicht also nicht. Die Arbeiter und noch noch mehr die Arbeiterinnen in Indonesien machen Zweit- und Drittjobs; die Kinder arbeiten, statt in die Schule zu gehen (das Schulgeld könnte sich die Familie oft eh nicht leisten).
Arbeiter kriegen nix geschenkt: die Hafenarbeiter machen ihren zweiten Streik in diesem Jahr.

Der Streik beginnt im Hafen Jamrud

Eine Gewerkschaft oder ähnliches gibt es nicht; dennoch will auch ein spontaner Streik vorbereitet sein: Der Treffpunkt der Aktivisten, der Streik-Warung

Die Forderungen sind: Erhöhung des UMR (Upah Minimum Regional), des regionalen Mindestlohn und die Eingliederung in die staatliche Arbeitsversicherung.

Nachdem die Kolegen in den anderen Häfen abgeholt sind, besteigen die "Fußgänger" LKWs, die sie angehalten haben

...und ziehen vor das Bezirksparlament, das von starken Polizeikräften und Soldaten geschützt ist.

Sie fordern, eingelassen zu werden und als ihnen das nicht gleich zustanden wird, sperren sie kurzerhand die Straße - die Hauptverkehrsader in Surabaya.
Eine Auseinandersetzung mit Arbeitern liegt zur Zeit nicht im Trend - die Sicherheitskräfte geben lieber den Eingang frei und lassen die Kollegen aufs Gelände. Die Verhandlungen (über den UMR) dauern und erreicht wird nichts konkretes.
Deshalb ziehen sie vor das Gebäude der Arbeitgebervereinigung. Auch dort dauert es Stunden, aber immerhin gibt es eine Wiese davor. Außer vagen Verprechen kommt an diesem Tag nix raus.

Aber die Kollegen haben bewiesen, daß sie in der Lage sind nachzuhaken, sollten sie nicht erfüllt werden... Der Aufforderung, sofort wieder zur Arbeit zurückzukehren, beantworten sie mit "Besok!" - heute nicht mehr!

Von diesem Streik, der den Hafen Surabaya mit insgesamt 106 Schiffen für einen Tag lahmgelegt hat, nimmt nur eine einzige Zeitung, die Abendzeitung Surabaya Post, Notiz. Weder die lokalen Morgenzeitungen noch eine der unzähligen regionalen oder gar überregionalen Blätter bringen auch nur eine Zeile... während über die Studentendemos am gleichen Tag (der Feiertag der ABRI, des Militärs) groß berichtet wird.


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3. April 1999