< später | Aktuell | Archiv-Liste | früher >
Thailand | 30.3.99 | Caddies geben auf? |
840 |
(Siehe zuletzt 786) Nachdem sie vor Gericht verloren haben, die Polizei eigentlich die Aufgabe hatte, sie schon vor Tagen "nötigenfalls mit Gewalt" von ihrem Golfplatz zu entfernen (dies aber ablehnte mit der Begründung, das gäbe der Polizei ein schlechtes Image) haben sich jetzt die 428 Caddies mit der Stadtverwaltung von Bangkok geeinigt. Sie bekommen 40000 Baht (knapp 2000 DM) pro Person und verlassen den Platz freiwillig. Die im Juli 98 entlassenen Eisenbahner, die damals zusammen mit den Caddies demonstriert und Gleise besetzt hatten (s. 219), werden wieder eingestellt. Nicht alle Caddies waren mit dem Verhandlungsergebnis zufrieden. | |||
aufgenommen: Mi., 31.3.1999 |
Quelle: Bangkok Post; The Nation, 31.3.99 |
Indonesien | Bericht aus Malang |
839 | |
Malang, 90 km südlich von Surabaya, hat ca. 650 000 Einwohner. Der wichtigste
Industriezweig ist die Tabak- und Zigarettenindustrie. Die größte Fabrik hat ca. 8000
Beschäftigte. Es gibt außerdem jede Menge mittelgroße Betriebe anderer Branchen, auch in
den umliegenden Kleinstädten. Malang ist auch eine bedeutende Universtitätsstadt. Es gibt
etliche linke Studentengruppen.
Die "Studentenallianz für das Volk" gibt es seit etwa zwei Jahren. Sieversuchen, die
"verschiedenen Sektoren der indonesischen Gesellschaft" zu organisieren, als da sind:
Bauern, Landarbeiter, Fabrikarbeiter, städtische Arme. Sie denken, daß das niedrige
Bildungsniveau und die Repression durch Kapital (Entlassungen, schwarze Listen) und
Militär/Polizei den Arbeiterkampf sehr schwierig machen. Sie sehen es als ihre Aufgabe, die
Arbeiter zu schulen und anzuleiten, denken auch, daß die Arbeiter von sich aus nur
ökonomistische Kämpfe führen. Sie selber würden gerne kommunistische Klassiker lesen,
v.a. Marx, haben aber keinen Zugang zu solchen Büchern, die in Indonesien immer noch
verboten sind.
Über das örtliche Rechtshilfeinstitut vermittelt, kann ich mit mehreren ArbeiteraktivistInnen
reden.
A. hat vier Jahre in einer sich in koreanischem Besitz befindlichen Textilfabrik
(Herrenoberbekleidung) gearbeitet, bis letztes Jahr. Damals hatte die Fabrik noch 600
Beschäftigte (nur ca. 10 männliche Arbeiter insgesamt), heute nur noch 150. Die anderen
wurden gekündigt oder nach Auslaufen ihrer Fristverträge nicht weiterbeschäftigt.
Kettenverträge gibt es in Indonesien häufig. Das Gesetz schreibt eigentlich vor, daß man nur
zwei Fristverträge hintereinander bekommen darf, dann Festeinstellung oder Schluß, aber die
Firmen geben oft einen Fristvertrag nach dem anderen, über Jahre hinweg. Leute mit
Fristverträgen haben weniger Ansprüche auf Bonuszahlungen und freie bezahlte Tage.
Wie viele Unternehmen hat auch A.'s Betrieb die gesetzlichen Vorschriften bezüglich
Mindestlohn (in Malang zur Zeit 152.000 Rp. im Monat) unterlaufen. Deshalb und um
bezahlte freie Tage bei der Menstruation und höheren Idul-Fitri-Bonus (höchster islamischer
Feiertag am Ende des Ramadan) gab es zahlreiche Streiks, bei denen immer das
Militär/Polizei auftauchte. Es gab aber keine Zusammenstöße, die Arbeiterinnen setzen auf
ihren Charme. Sie machen sich an die Sicherheitskräfte ran, umarmen und küssen sie. Das sei
den Polizisten wohl peinlich gewesen, mutmaße ich. "Peinlich? Nee, gefürchtet haben die
sich."
Es gibt keine formale Organisation im Betrieb, die Streiks wurden privat vorbereitet. Die
aktivsten Frauen treffen sich reihum zuhause, um die Aktionen zu besprechen. Bei den
Streiks gab es einige Erfolge, aber auch Fehlschläge. Viele der Frauen haben inzwischen
ihren Job verloren, auch A. ist arbeitslos. Sie hofft, daß das Leben für die indonesischen
ArbeiterInnen besser wird, wenn sich immer mehr Arbeiter vereinen. Sie sagt, daß viele
Arbeiter aktiv werden wollen.
B. arbeitet seit 1977 in einer Zigarettenfabrik mit 1000 Beschäftigten, ca. 75% davon Frauen.
Sie verdient den Mindestlohn, der Mann ist Hilfsarbeiter auf dem Bau. Eins der vier Kinder
muß nach der Schule Zeitungen verkaufen, ein weiteres lebt bei der Tante, weil es aus
finanziellen Gründen nicht versorgt werden kann. Eines der größten Probleme in der Fabrik
sind die Überstunden. Die reguläre Arbeitszeit ist 7 Stunden am Tag, sechs Tage in der
Woche. In Wirklichkeit werden aber 10 Stunden am Tag gearbeitet, ohne
Überstundenzuschläge, was eigentlich illegal ist. Die im Betrieb vertretene
Staatsgewerkschaft SPSI kümmert sich einen Dreck darum. Es gibt aber informell eine
Gruppe von ca. 20 ArbeiterInnen, die aktiv werden wollen.
B. kann den Lebensunterhalt ihrer Familie nur mit Kredit bestreiten, wie viele andere
Arbeiterinnen auch. "Verschuldet bis zum Lebensende", sagt sie. Sie sagt, daß ihr die
kommenden Wahlen völlig gleichgültig sind: "Da werden doch nur die da oben gewechselt."
Bei der Möbelfirma PT Usana Loka werden Stühle, Tische und Liegestühle aus Holz für denn Export (u.a. auch nach Deutschland) hergestellt. 350 Arbeiter sind dort beschäftigt, meist Männer. Es gibt zwei Organisationen im Betrieb: Die Staatsgewerkschaft SPSI, die ca. 70% der Arbeiter vertritt, und eine unabhängige Gruppe ohne Namen für die anderen 30%. Auch in dieser Firma wurde der gesetzliche Mindestlohn unterschritten. Am 3.10.98 streikten und demonstrierten deshalb 60% der Belegschaft einen Tag lang. Diese Aktion wurde von der unabhängigen Gruppe vorbereitet. Natürlich kam auch hier Militär/Polizei, es blieb aber friedlich. Die Sicherheitskräfte in Malang sind nicht so brutal wie ihre Kollegen in Surabaya, wo es bei Streiks schon tote Arbeiter gab. Ein Opfer des Streiks gab es allerdings doch. Der Aktivist, den die Firma als Rädelsführer ausmachte, wurde unter Vorwänden entlassen. Da er keinen neuen Arbeitsplatz finden konnte (die Firmen haben schwarze Listen), mußte er zurück in sein Heimatdorf auf Sumatra. Seitdem gab es allerdings keine Kündigungen mehr, vor dem Streik gab es viele. Als Streikerfolg stieg der Tageslohn von vorher 3500 Rp. uf 5084 Rp. Außerdem gibt es jetzt Überstundenzuschläge und Essensbonus.
C. arbeitet bis vor kurzem in der Zigarettenfabrik PT Santosa (s. 748) in Purwosan nahe
Malang. Die Firma hat 5000 ArbeiterInnen, die meisten Frauen. Im letzten Jahr gab es
innerhalb von acht Monaten 9 Streiks. Die ersten Streiks waren noch spontan und ohne
Forderungen. Sie entstanden aus der Wut über Zumutungen der Firma, noch ohne Ziel, wie C.
sagt. Dann wurde die Forderung nach bezahlten freien Tagen aufgestellt. Die aktivsten Frauen
trafen sich privat und stellten, in Zusammenarbeit mit der örlichen Rechtshilfe, für die
nächsten Streiks zunächst fünf, dann 15 Forderungen auf, z.B. Überstundenzuschläge,
bezahlte Freistellung bei Menstruation, drei Monate bezahlten Schwangerschaftsurlaub,
Essensbonus, etc. Solche Forderungen werden als "normatif" bezeichnet, weil damit u.a.
gesetzliche Vorschriften erst durchgesetzt werden. Sie spielen bei sehr vielen Streiks eine
Rolle. (Wenigstens für dieses Beispiel wird die Mäkelei der Studenten über die rein
ökonomistischen Kämpfe der Arbeiter ad absurdum geführt. Hier warenn es ja gerade die
Anwälte und studentischen Freiwilligen des Rechtshilfeinstituts, die diese Art Forderungen
hineingetragen haben.)
Der größte Streik war am 15.August 98. 4000 von 5000 ArbeiterInnen nahmen daran teil.
Auch die örtliche Arbeitsbehörde (Depnaker) wurde belagert. Zwei der Streikenden bekamen
Schläge von Sicherheitskräften, es wurde aber keiner verletzt. Dieser Streik setzte die meisten
der 15 Forderungen durch. Der Lohn stieg von 4200 Rp/Tag uf 5100 Rp/Tag. Es gibt seitdem
400 Rp/Stunde Überstundenzuschlag, bezahlte Freistellung bei Menstruation und
Schwangerschaft. Allerdings sind seit diesem Streik 200 ArbeiterInnen entlassen worden. Die
Firma behauptet, nicht im Zusammenhang mit den Streiks, aber natürlich hat es auch die
Aktivistin C. erwischt.
Aktivisten aus allen diesen Betrieben sind auch im SKBM, dem Serikat Kemerdekaan Buruh
Malang (Bund Freiheit für die Arbeiter von Malang), organisiert. Trotz des bombastischen
Namens ist der Bund eher ein informelles Netzwerk der Militanten verschiedener Betriebe.
Auf die Frage, wie man sie unterstützen könnte, folgt erstmal Schweigen. Der Gedanke an
internationale Arbeitersolidarität ist ihnen völlig neu. Sie finden es auch recht seltsam, daß
ich als Arbeiterin aus Deutschland mich für ihr Leben und ihre Kämpfe interessiere.
Schließlich äussern sie den Wunsch nach Information über den Klassenkampf in Deutschland
und Europa.
aufgenommen: Mi., 31.3.1999 |
Quelle: eig. Korr., 29.3.99 |
Thailand | 29.3.99 | Dammbau: Weltbank Desaster |
836 |
Der Pak Moon Damm (s. 823) war nach Einschätzung der Weltbank "eine der besten Erfahrungen mit Umsiedlung im Rahmen eines Projektes, das von der Weltbank unterstützt wurde" und: die betroffenen Familien erhielten "ausnehmend generöse Entschädigungen". "Es gibt keine eindeutigen Hinweise auf irgendeinen Einfluß auf die Fischpopulation". Alles Zitate aus einem Bericht der Weltbank von 1998, zitiert vom International River Network. Nach Meinung der seit 23.3. protestierenden 5000 Betroffenen alles Lüge. | |||
aufgenommen: Di., 30.3.1999 |
Quelle: Bangkok Post, 30.3.99 |
Indonesien | 28.3.99 | 260 Tote in Kalimantan |
832 |
Die Unruhen im Bezirk Sambas in Nordwestkalimantan (s. 817) haben bislang mehr als
260 Menschenleben gefordert. 15 wurden am Wochenende umgebracht, weitere 41 starben
an Krankheiten auf der Flucht, bzw. in den Flüchtlingsunterkünften in Pontianak und
anderen größeren Städten. Vor allem Kinder unter 5 Jahren sind von Diarrhö betroffen. Am
Sonntag waren in Pontianak 13 000 Flüchtlinge, in Sambas 9000 und 2000 in Plätzen rund
um Pontianak. Die Regierung sucht derweil neue "Siedlungsgebiete" für die Transmigrasi-Bauern aus Madura, die nicht mehr in Kalimantan bleiben wollen. | |||
aufgenommen: Mo., 29.3.1999 |
Quelle: South China Morning Post; Tempo Interaktif, 29.3.99 |
China | 22.3.99 | Gegen die Schließung der Kreditkooperativen |
824 |
(Siehe auch 820) Auch in Wuhan, Provinz Hubei, haben 1000 Menschen gegen die Schließung einer Kreditkooperative protestiert, so eine Menschenrechtsorganisation in Hong Kong. Sie demonstrierten friedlich von der Bank des Volkes zur Provinzregierung und zerstreuten sich nach sechs Stunden. | |||
aufgenommen: Mi., 24.3.1999 |
Quelle: Hong Kong Standard, 24.3.99 |
< später | Aktuell | Archiv-Verzeichnis | früher >
Startseite | Asienkrise | Links
Eine Webseite von WELT IN UMWÄLZUNG Mannheim-Ludwigshafen
31. März 1999